Friedensnobelpreis 1908: Klas Pontus Arnoldson — Frederik Bajer

Friedensnobelpreis 1908: Klas Pontus Arnoldson — Frederik Bajer
Friedensnobelpreis 1908: Klas Pontus Arnoldson — Frederik Bajer
 
Arnoldson wurde für seinen Einsatz für internationale Schiedsgerichtsbarkeit und die Beilegung des Konflikts zwischen Schweden und Norwegen ausgezeichnet, der dänische Politiker für die Gründung des Internationalen Friedensbüros in Bern.
 
 Biografien
 
Klas Pontus Arnoldson, * Göteborg 27. 10. 1844,✝ Stockholm 20. 2. 1916; 1882-87 Mitglied des schwedischen Parlaments, 1883 Gründer der Schwedischen Gesellschaft für Schiedsgerichte und Frieden.
 
Frederik Bajer, * Vester Egede (Dänemark) 21. 4. 1837, ✝ Kopenhagen 23. 1. 1922; 1856-64 Dienst in der dänischen Armee, 1870 Gründung der Gesellschaft der freien skandinavischen Staaten, 1872-95 Mitglied des dänischen Parlaments, 1907 Gründer der Skandinavischen Interparlamentarischen Vereinigung.
 
 Würdigung der preisgekrönten Leistung
 
Mit dem Friedenspreis zeichnete das Nobelkomitee 1908 zwei Skandinavier aus, die in ihrer Arbeit für den internationalen Frieden und die Souveränität und Neutralität der skandinavischen Staaten eng zusammengewirkt hatten.
 
 Karriere als Friedenspolitiker
 
Klas Pontus Arnoldson war bis zu seinem 37. Lebensjahr als Bahnhofsvorsteher tätig. Doch schon in dieser Zeit befasste er sich intensiv mit den Wegen zu einer friedlichen Gesellschaft. Geleitet wurde er dabei von der Idee eines in die Praxis umgesetzten Christentums. Bestärkt wurde er in seinen pazifistischen Bestrebungen durch das Erlebnis der Kriege zwischen Deutschland und Dänemark (1864) und zwischen Deutschland und Frankreich (1870/71). 1881 beendete er seine Tätigkeit bei der Eisenbahn und veröffentlichte nun seine Friedensideen in schwedischen Zeitungen. Dadurch zu einiger Prominenz gelangt, wurde Arnoldson 1882 in den schwedischen Reichstag gewählt und setzte sich hier nachhaltig für Frieden und Abrüstung ein. Zudem rief er die Schwedische Gesellschaft für Schiedsgerichte und Frieden ins Leben und übernahm das Generalsekretariat dieser Organisation. In der von ihm gegründeten Zeitschrift »Tiden« (»Zeit«) warb Arnoldson unermüdlich dafür, internationale Konflikte durch Schiedsgerichte zu lösen. Nicht zuletzt dank der Überzeugungsarbeit Arnoldsons erklärte das norwegische Parlament 1900 die Schiedsgerichtsbarkeit zu einem Ziel nationaler Politik.
 
Für Norwegen zeigte Arnoldson überhaupt ein besonderes Interesse. Seit 1814 war dieser Staat mit Schweden in einer Personalunion verbunden. Starke Kräfte strebten in Norwegen nach einer Loslösung von Schweden und dem Gewinn der Unabhängigkeit. Der Schwede Arnoldson unterstützte diese Initiativen, da sie seinen Vorstellungen von staatlicher Freiheit und Souveränität entsprachen. In seiner Heimat brachte ihm diese Politik viel Kritik ein. Gleichwohl wurde 1905 die schwedisch-norwegische Union aufgelöst, und die schwedische Regierung garantierte den Norwegern die Souveränität. Nachdem Norwegen dafür gestimmt hatte, die Monarchie beizubehalten, wurde der aus Dänemark stammende Haakan VII. zum König gewählt, der diese Position bis zu seinem Tod im Jahr 1957 innehatte.
 
Aufgrund seiner Leistungen für die norwegische Unabhängigkeit und den Ausgleich zwischen Schweden und Norwegen stand Arnoldson bereits 1905, 1906 und 1907 auf der Liste der Kandidaten für den Friedensnobelpreis. Doch erst 1908 erkannte ihm das Nobelkomitee die Auszeichnung zu. In seiner Dankesrede entwarf Arnoldson seine Visionen von einer friedlichen Welt. Der Frieden müsse den Krieg verdrängen, um eine menschenwürdige Gesellschaft herzustellen. Nationale Armeen müssten aufgelöst und durch eine internationale Polizeitruppe ersetzt werden. Doch wie viele andere Friedensnobelpreisträger wurde Arnoldson zu der Erkenntnis gezwungen, dass diese Ideale an der Realität scheiterten.
 
 Vom Militär zum Pazifisten
 
Zu Arnoldsons Mitstreitern in der skandinavischen Friedensbewegung gehörte Frederik Bajer, mit dem er sich den Nobelpreis teilte. Bajer hatte seine Laufbahn als Offizier in der dänischen Armee begonnen. Ein Schlüsselerlebnis war für ihn die aktive Teilnahme am Deutsch-Dänischen Krieg von 1864. Danach wandelte sich der Militär Bajer zum Pazifisten. Wichtige Anregungen erhielt er von dem Franzosen Frédéric Passy, der 1872 in Frankreich eine Friedensgesellschaft gegründet hatte und der 1901, gemeinsam mit Henri Dunant, erster Friedensnobelpreisträger wurde. Als ein wesentliches Hindernis auf dem Weg zu einer friedlichen Welt sah Bajer die Monarchie an. Solange Könige regierten, würde es immer wieder Kriege geben. Die sich daraus ergebende Konsequenz war, dass die Monarchien durch republikanische Verfassungen ersetzt werden müssten. Daher gründete Bajer 1870 die Gesellschaft der freien skandinavischen Staaten mit dem Ziel, in Schweden, Norwegen und Dänemark republikanische Regierungen zu errichten. Diese neuen Regierungen hatten nach seinen Vorstellungen einen Staatenbund zu bilden, der Modellcharakter für eine weltweite Vereinigung aller Staaten haben sollte.
 
Die Möglichkeit, für seine Ideen zu werben und sie in die Praxis umzusetzen, bot sich, als Bajer 1872 als liberaler Abgeordneter ins dänische Parlament gewählt wurde. Besonders setzte er sich für die Verringerung der Militärausgaben ein und machte sich auch einen Namen als Vorkämpfer für die Rechte der Frauen. 1882 gründete der Parlamentarier die Gesellschaft für die Neutralität Dänemarks, später umbenannt in Dänische Friedensgesellschaft.
 
Neben seinen Aktivitäten in Dänemark suchte Bajer auch den Anschluss an die internationale Friedensbewegung. 1889 war er der einzige dänische Delegierte bei der Pariser Friedenskonferenz, bei der unter der Federführung von Frédéric Passy die Interparlamentarische Union, ein Zusammenschluss von Abgeordneten verschiedener Staaten, gegründet wurde. Eine nachhaltige Friedensleistung Bajers bestand darin, dass 1890 auf der Sitzung der Interparlamentarischen Union in London auf seine Anregung hin die Gründung eines Internationalen Ständigen Friedensbüros mit Sitz in Bern ins Auge gefasst wurde. Offiziell 1891 in Rom gegründet, fungierte das Friedensbüro künftig als organisatorisches Zentrum für alle Aktivitäten der internationalen Friedensbewegung. Bajer wurde zum ersten Präsidenten des Büros gewählt und hatte diese Funktion bis zum Jahr 1907 inne. In diesem Jahr gründete er auch die Skandinavische Interparlamentarische Union.
 
Für seine vielfältigen Friedensinitiativen, besonders aber für die Gründung des Internationalen Friedensbüros, wurde Bajer 1908 gemeinsam mit Klas Pontus Arnoldson der Friedensnobelpreis verliehen. In seiner Dankesrede appellierte er an die neutralen Staaten der Welt, sich aktiv für die Beilegung von militärischen Konflikten einzusetzen. Zwei Jahre später konnte sich Fredrik Bajer ein weiteres Mal als Nobelpreisträger betrachten, als das von ihm gegründete Friedensbüro in seiner Gesamtheit mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.
 
H. Sonnabend

Universal-Lexikon. 2012.

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